Roma und Sinti sind die größte Minderheit in Europa und trotzdem erlebt diese Volksgruppe in einem modernen aufgeklärten Europa Ausgrenzung, Exklusion, Diskriminierung, Rassismus und Antiziganismus als alltägliche Instrumente der Mehrheitsbevölkerung gegen sie. Die Verantwortung durch die Vernichtung während des europäischen Holocausts an Roma und Sinti wird verdrängt und willentlich nicht wahrgenommen.
Es herrscht ein gefährliches Unwissen und Halbwissen über dieses Volk. Darum ist diese Aufklärungsausstellung so wichtig. Wir müssen den Antiziganismus durchschauen, um ihm aktiv entgegentreten zu können. Dieses ist eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe, der wir uns gemeinsam stellen müssen, um diese europäischen Kulturkodes der Ausgrenzung zu durchbrechen
Die Jugend will nicht unterrichtet werden, sondern angeregt werden. Diese Ausstellung wird Sie dazu bringen, ihr Bild über die Roma und Sinti zu ändern, weil Sie dieses Volk und seine Geschichte endlich verstehen werden.
Neue Aspekte werden sichtbar in Bezug auf den Leidensweg der Roma im Laufe der letzten tausend Jahre. Versklavung, Verfolgung und Vertreibung sind seit ihrer Existenz in Europa ein elementarer Bestandteil ihres tagtäglichen Lebens. Bis heute erleben sie Ausgrenzung und Misstrauen durch die Mehrheitsbevölkerungen in Europa.
Diese Ausstellung und deren Katalog beschreiben historische Begebenheiten und lassen nicht gekannte Einblicke über die Entwicklung einer ewig vertriebenen Volksgruppe in einem ganz anderen Licht erscheinen… In einem viel helleren Licht als je zuvor.
Die Geschichte der Roma und Sinti von der Verschleppung und Versklavung von Mahmoud von Ghazna über das Osmanische Reich ins europäische Mittelalter, über den Nationalsozialismus bis heute.
Danach beschäftigt sich die Ausstellung mit der Situation der Roma und Sinti heute und dem spezifischen Menschenhass gegen Roma und Sinti, dem Antiziganismus.
Sehr viele weiterführende Informationen, Hintergründe und Videos erwarten Sie. Hunderte QR Codes, 100 Videos (33 Exklusiv), 174 Bilder, 11 Karten, 211 Grafiken, Quiz 1.
Die 25 Ausstellungstafeln im Detail: „Roma & Sinti – Geschichte und Antiziganismus“ 0. Anfang und Erklärungen 1. Grundlegendes zum Volk der Roma und Sinti 1/2 2. Grundlegendes zum Volk der Roma und Sinti 2/2 3. Mahmoud von Ghazna und die Ghaznawiden-Dynastie 4. Von der Angst vor dem Islam, zum Antiziganismus 5. Zeitlinie der Roma und Sinti, Geschichte in Europa 6. Zeitlinie der Roma- und Sinti-Geschichte in Europa 1500-1733 7. Zeitlinie der Roma- und Sinti-Geschichte in Europa 1734-1920 8. Weimarer Republik & Nationalsozialismus 1920-1938 9. Deportationen der Roma und Sinti aus Hamburg 10. denk.mal – Hannoverscher Bahnhof 11. Die Zeit des National-Sozialismus 1939-1942 12. Die Zeit des Nationalsozialismus 1943-1945 13. Hamburger Familie Weiß und die NS-Zeit 14. Walter Stanoski „Fiso“ Winter 15. Johann „Rukeli“ Trollmann 16. Zeitlinie Deutschland 1940-1945 17. Zerfall der Sowjetunion und Jugoslawiens 18. Antiziganimus als alltägliches Problem 19. Prominente Roma und Sinti 20. Aufkeimender Nationalismus 21. Was ist Antiziganismus? 22. Woher kommt der Antiziganimus ? 23. Gesellschaft aktiv mitgestalten 24. Danksagungen. Empfehlungen. Links.
Ein Publikation von Marko D. Knudsen im Auftrag des Bildungsvereins der Roma zu Hamburg e.V. für RomaBook.com
ASIN : B09SFPG2MM
Herausgeber : Independently published (18. November 2021)
Ganz neue Theorien über die Herkunft der „Zigeuner“ zeigt dieses über viele Jahre recherchierte Buch. Neue Aspekte werden sichtbar in Bezug auf den Leidensweg der Roma im Laufe der letzten Tausend Jahre – Versklavung, Verfolgung und Vertreibung, sind seit Ihrer Existenz ein elementarer Bestandteil ihres Tag täglichen Lebens. Ausgrenzung der Roma bis zum heutigen Tag.
Dieses Buch beschreibt historische Begebenheiten und lässt nicht gekannte Einblicke über die Entwicklung einer ewig vertriebenen Volksgruppe in einem ganz anderen Licht erscheinen…. Einem viel helleren Licht als je zuvor.
Es erwartet Sie eine Reise durch die eurasische Geschichte, von Alexander dem Großen über Mahmoud von Ghazna und Dschingis Khan bis hin zum osmanischen Reich. Die Geschichte der Roma im europäischen Mittelalter über den Nationalsozialismus bis heute. Von 997-1989.
Die Roma früh Geschichte 1000 – 1400 1.1. Die indischen Wurzeln
1.2. Alexander der Große
1.3. Indogriechen
1.4. Mahmoud von Ghazna 1186 – 1348
1.5. Dschingis Khan
1.6. Die ägyptischen Mameluken
1.7. Die Seldschuken und Rum-Seldschuken
1.8. Freiheit durch Übertritt zum Islam
1.9. Sklavenwirtschaft in Asien und Fluchtbewegungen
1.10. Das osmanische Reich
1.11. Historische Bewegungen
1.12. Zusammenfassung der Roma früh Geschichte
1.13. Tabelle der territorialen Aufteilung unter den verschiedenen Reichen der Zeitperiode anhand von islamischen Völkern und der Roma
1.14. Flash Animation der „Roma früh Geschichte“
Sechs Jahunderte im Überblick 1400 – 1933 2.1. Zwischen Vertreibung und Sesshaftmachung
2.2. Aufhebung der Sklaverei und Heimatlosigkeit
2.3. Roma und Hamburg
2.4. Sechs Jahrhunderte in Deutschland
2.5. Sechs Jahrhunderte im Überblick
2.5.1. 1417 bis 1526
2.5.2. 1526 bis 1562
2.5.3. 1562 bis 1647
2.5.4. 1647 bis 1714
2.5.5. 1714 bis 1745
2.5.6. 1745 bis 1782
2.5.7. 1782 bis 1848
2.5.8. 1848 bis 1885
2.5.9. 1885 bis 1906
2.5.10. 1906 bis 1920
2.5.11. 1920 bis 1931
Roma und Sinti unter dem Nationalsozialismus 1933 -1945 3.1. Roma und Sinti unter dem Nationalsozialismus
3.2. Formulare der „Zigeunerzentrale“
3.3. Roma und Sinti in Hamburg während des Nationalsozialismus
3.4. Die Geschichte der Familie Weiß durch die Arbeits- und Vernichtungslager des NS- Regimes
3.5. Unter Hitler als „Zigeuner“ verfolgt und inhaftiert
Als Roma- und Sinti-Beauftragter der Hamburger Schulbehörde kämpft Marko Knudsen gegen Antiziganismus. Er hat noch viel zu tun.
taz: Herr Knudsen, Sie sind im Hamburg der 1980er-Jahre aufgewachsen. Haben Sie in Ihrer Jugend Antiziganismus erlebt?
Marko Knudsen: Ich habe dazu zwei Erfahrungen im Gepäck. Die eine ist: Die meisten hat es nicht interessiert, dass ich Rom bin. Das Gefühl hatte ich auch bei meinen Lehrern.
Und die andere Erfahrung?
An meiner Schule gab es zwei junge Skinheads, wie man sie sich vorstellt: rasierte Köpfe, Bomberjacken, Springerstiefel. Ich war zwölf oder 13 Jahre alt, als ich an denen vorbei gegangen bin und gesagt habe: „Scheiß Nazis!“ Als Resultat habe ich dann auf die Fresse gekriegt und habe mich anderthalb Jahre über den Zaun in die Schule geschlichen. Irgendwann hat meine Mutter herausgefunden, dass da irgendetwas nicht stimmt. Dann habe ich es ihr gebeichtet. Sie besprach es mit dem Schulleiter und das Ergebnis war, dass ich mich bei den Skinheads entschuldigen musste.
Und danach? Welche Vorurteile begegnen Ihnen immer wieder?
Die beiden größten Vorurteile, die uns auferlegt werden, sind zum einen, dass wir asozial und kriminell seien. Das andere böse Vorurteil ist, dass wir Nomaden sind und dass man uns deshalb auch nirgendwo tolerieren braucht und uns weiter vertreiben kann.
Was entgegnen Sie darauf?
Wir sind keine Nomaden. Wir leben da, wo wir leben können. Das Problem ist, dass ganz viele nicht den Mut haben zu sagen, sie gehören dazu. Sie haben Angst vor den Diskriminierungen und outen sich nicht, weil sie sonst nicht erfolgreich sein können. Das zeigt sich zum Beispiel auch an Marianne Rosenberg oder Sido: Die haben sich zwar auch geoutet, aber eben als sie Stars waren und nichts mehr zu verlieren und keine Existenzängste mehr hatten.
Warum kommt das hier in den Köpfen nicht an?
Das sind diese zwei unterschiedlichen Welten, die nicht zusammen kommen. Die eine Seite verweigert sich, um die Vorurteile nicht aufgeben zu müssen, die seit 600 Jahren in Europa herrschen. Und die wurden ja nochmal hochstilisiert und verfeinert von den Nationalsozialisten. Wie auch die Juden wurden Roma und Sinti in der NS-Zeit mit Tiervergleichen und anderen entmenschlichenden Vergleichen belegt, um diese Vernichtungsmaschinerie gegen sie überhaupt erst möglich zu machen.
Wie ist die Entwicklung seit 1945?
Die Berichterstattung über uns ist rein negativ. Man hat als Gesellschaft immer noch nicht für die Taten in der NS-Zeit Verantwortung übernommen. Es wird noch immer darüber geschwiegen. Da sehe ich massive Defizite. Das ist ein gesamtgesellschaftlicher Auftrag, an dem noch Generationen arbeiten werden müssen, damit wir das Schweigen überwinden.
Sie haben schon früh mit der Arbeit gegen den Antiziganismus begonnen.
Mit 14 habe ich angefangen bei uns in der „Rom und Cinti Union“ mitzuarbeiten. Den Verein hatte mein Vater in den 1980er-Jahren gegründet. Da war ich auch knapp 20 Jahre im Vorstand. Ich habe auch einen eigenen Jugendverband gegründet. Ziemlich früh, mit 16, war ich schon unterwegs in Europa mit Jugendorganisationen.
Wie ging das los mit Ihrem Engagement?
Damals hatte mein Vater Streikaktionen organisiert, mit denen sie eine Bleiberechtsregelung erstritten haben. Es wurde das ehemalige Konzentrationslager Neuengamme besetzt und ein Hungerstreik im Hamburger Michel gemacht. Ich habe damals geholfen, Papiere auszufüllen und bin in die Büroarbeit gerutscht. Es gab einfach nicht genügend Menschen, die lesen und schreiben konnten. Da habe ich alles von der Pike auf gelernt – von der Verwaltung über das Dolmetschen bis zur Sozialarbeit.
Welche Sprachen sprechen Sie denn?
Mein Vater war mit seinen Eltern aus Polen und Großeltern aus Rumänien und der Slowakei mit vier Jahren nach Hamburg gekommen. Ich habe daher noch einen Rucksack voller Sprachen, auch Romanes, mitgekriegt. Meine Muttersprache ist aber Deutsch.
Und heute machen Sie diese Arbeit noch immer.
Als Roma- und Sinti-Beauftragter arbeite ich eng mit Hamburger Schulen zusammen, konkret mit den regionalen Beratungs- und Bildungszentren. Da geht es um Absentismusfälle und um die Frage, wie Bildungsteilhabe durch Inklusion gelingen kann.Anzeigehttps://0faa425b1d7a0976b508d7da933aebe7.safeframe.googlesyndication.com/safeframe/1-0-38/html/container.html
Was wissen die Schüler denn von Sinti und Roma?
Das, was sie von Zuhause mitkriegen und was in den Medien wiedergegeben wird: also hauptsächlich Stereotype.
Sie lernen in der Schule nichts über Roma?
In der Schule lernt man nichts über Roma. Höchstens noch einen Satz zum Holocaust, dass die Vernichtungsmaschine auch gegen uns gefahren worden ist. Die Roma- und Sinti-Kinder, die in der Schule sind, finden sich nirgends wieder in der Schule. Deshalb habe ich eine Ausstellung erarbeitet, eine Wanderausstellung durch Hamburger Schulen, in der im Komplettpaket Informationen ausgestellt werden. Diese Kinder erkennen: „Da ist etwas über mich, über meine Menschen, mein Volk. Ich finde plötzlich statt in der Schule.“ Und auf der anderen Seite ist es ein Öffnungsmechanismus bei den Lehrkräften: „Guck mal, wir wissen so wenig darüber.“ Die Stereotype muss man aufbrechen. Das geht vor allem über persönliche Begegnungen. Wenn die Menschen mich dann erleben, bricht ein „Zigeunerbild“ zusammen.
Das ist ein wunderbares Beispiel, dass auch an uns vorbeigegangen wäre, wenn wir 2003 nicht lauthals aufgeschrien hätten, dass es uns genauso betrifft wie die Juden.
Was ist besonders an diesem Gedenkort?
Dieser Gedenkort war der erste, der gemeinsam für Roma, Sinti und Juden erstellt worden ist. Ansonsten ist alles immer auseinander dividiert worden. Das ist ein ganz wichtiger Schritt, um uns aus dieser zweiten Reihe der Opfer herauszukriegen. Dieses Denkmal ist ein ganz großes Signal und ein aufklärerisches Element, das sehr wichtig ist: Wir haben so wenige Orte, die überhaupt mit uns in Verbindung gebracht werden.
Warum?
Weil die ganze NS-Aufarbeitung, was Roma und Sinti angeht, sehr lange vernachlässigt worden ist. Die ersten seriösen Arbeiten gab es erst in den 1980er-Jahren. Es war ja auch erst 1982, dass der damalige Bundeskanzler Helmut Schmidt als erster deutscher Nachkriegspolitiker vom Völkermord gegenüber den Roma und Sinti sprach. Davor wurden alle Wiedergutmachungen, die Menschen beantragten, abgelehnt, weil die, die uns in die Konzentrationslager gebracht hatten, später vor Gericht als Experten saßen. Da sagten sie, wir seien nicht aus der Ethnie heraus vernichtet worden, sondern aus kriminalpräventiven Gründen. Nach dem Prinzip: „Ich stecke dich ins KZ, damit du nicht mehr klauen kannst.“Anzeigehttps://0faa425b1d7a0976b508d7da933aebe7.safeframe.googlesyndication.com/safeframe/1-0-38/html/container.html
Und warum ging es nicht über die ethnische Ebene?
Weil wir ein indoarisches Volk sind und darum wäre es für die Nazis schwierig geworden, auf der ethnischen Ebene zu argumentieren, dass man als Arier die Indoarier vernichten möchte. Deshalb hat man dieses Konstrukt des asozialen kriminellen „Zigeuners“ hochstilisiert. Im Gegensatz zum Antisemitismus, der 1945 einen Bruch erlitt durch jüdische amerikanische Forscher, die das Thema aufgriffen und publik machten, hatten wir diese Möglichkeit nicht.
Wann ging es mit der Antiziganismusaufklärung los?
So richtig begann sie erst 2003 mit der Gründung des Europäischen Zentrums für Antiziganismusaufklärung von mir hier in Hamburg. Damals haben wir angefangen, Antiziganismusforscher aus ganz Europa zusammenzuholen, um die Forschung anzutreiben und überhaupt erst als Thema zu etablieren. Was wir auch hingekriegt haben, aber nur wegen Borat – diesem idiotischen Film.
Eine Satire aus den USA von Sascha Baron Cohen aus dem Jahr 2006.
Da gab es eine antiziganistische Werbekampagne. Das kann man sich gar nicht vorstellen. Von dem Werbefilm bis hin zu der Webseite, wo Sachen draufstanden wie: „Willst du schönen Goldschmuck haben, musst du ihn dir aus dem Mund vom toten Zigeuner rausbrechen“. Wir haben es geschafft, dass Reuters in den USA auf Englisch berichtete. Damit kam dann international hoch, dass wir in Hamburg gegen den Film klagen wegen Volksverhetzung und Antiziganismus. Wir haben es hinbekommen, dass die Werbekampagne nach massiver Auseinandersetzung mit 20th Century Fox gestoppt worden ist. Das hat dazu geführt, dass Antiziganismus als Begriff eingeführt wurde.
Reicht die Antiziganismusaufklärung aus?
Nein, es ist noch sehr viel nachzuholen. Wir müssen überhaupt erst mal als Menschen gesehen werden, die man wahrnimmt wie sich selber.
Wie sieht es bei staatlichen Institutionen aus? Der Polizei zum Beispiel?
Eine schöne Veranstaltung gab es bei einer Abschlusszeremonie der Hamburger Polizeischule. Da saß Emil Weiss, Sprecher der Sinti-Siedlung in Wilhelmsburg, auf der Bühne und erzählte 300 Polizeischülern: „Wissen Sie, ich habe noch nie was mit der Polizei zu tun gehabt. Nur einmal, als Sie mich aus der Wohnung herausgeholt haben und zum KZ begleitet haben.“ Das sind solche Sachen, die müssen junge Beamte erfahren, um zu wissen, wie sie mit solchen Menschen umgehen müssen.
Gibt es deshalb auch ein großes Misstrauen von Roma und Sinti gegenüber staatlichen Institutionen?
Die meisten Leute sind bis heute transgenerational traumatisiert, weil die Täter auch nie ihre Schuld eingestanden haben. Dann kann man das Trauma nicht aufarbeiten. Das ist der Rucksack, den Sinti in Deutschland tragen: Da hat jeder jemanden verloren. Dann gibt es Triggerängste, zum Beispiel vor der Polizei, die einen ja in die Konzentrationslager verbracht haben. Die Juden wurden von der Gestapo deportiert, wir von der Polizei vor der Tür, die dann nach 1945 weiter auf der Wache saß.